Von Liechtenstein herkommend, erreichen wir dem Rhein entlang das österreichische Bundesland Vorarlberg. Das hinter dem Hochwasserschutzdamm gelegene Mäder ist eine kleine Gemeinde mit 4’300 Einwohnern. Seit langem schon loten die Gemeindebehörden um Bürgermeister Rainer Siegele und Vizebürgermeister Rainer Gögele die Handlungsspielräume für eine umweltfreundliche Gemeindeentwicklung aus. Seit 1993 setzen sie die sich bietenden Möglichkeiten Schritt für Schritt um. Bereits Mitte der 1980er-Jahre entstand der Grünordnungsplan, mit welchem die Gemeinde die Flächen für den Naturschutz und eine nachhaltige Landschaftsentwicklung sicherte. Der Plan in Mäder war einer der ersten seiner Art in ganz Österreich. In der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre entstanden der Gemeindesaal und die Ökohauptschule. Letztere wurde nach den neuesten energetischen und baubiologischen Erkenntnissen geplant und gebaut (Architektur Baumschlager Eberle); so war bereits damals der Klimaschutz ein wichtiges Thema und Fachleute berechneten das Treibhausgaspotenzial des Neubaus. Darüber hinaus entstand ein auf den Prinzipien der Umweltbildung basierendes pädagogisches Konzept für den Betrieb der Schule. Obwohl seither ein Vierteljahrhundert ins Land gegangen ist, sind die Projekte rund um die Ökohauptschule Mäder bis heute Modell für ein umwelt- und klimagerechtes Bauen und Leben in den Alpen und darüber hinaus. Ausgehend davon entstand das Programm “Nachhaltig Bauen in Vorarlberg” mit bis heute über hundert Vorzeigebauten.
Ein kommunales Biomasse-Kraftwerk hat die Bemühungen für eine klimafreundliche Energieversorgung der Gemeinde ergänzt. Es folgten weitere Projekte, so der offene Umwelt- und Naturkindergarten sowie später die flächendeckende Einführung von Tempo 30. Bürgermeister Rainer Siegele spricht in diesem Zusammenhang statt von Langsamverkehr gerne von Aktivverkehr. Schliesslich seien es ja die Fussgänger und Velofahrer, welche den aktiven Teil der Verkehrsteilnehmenden ausmachten. Die Umwelt- und Nachhaltigkeitsprojekte in Mäder bildeten die Basis für die Mitarbeit im alpenweiten Gemeindenetzwerks “Allianz in den Alpen”. Bürgermeister Siegele amtete über lange Jahre als Vorsitzender dieser wegweisenden Kooperation von mehreren hundert Alpengemeinden. Ziel der Alpen-Allianz ist die Umsetzung einer lokalen Agenda 21 in den Alpenregionen unter dem Dach der Alpenkonvention.
Mäder engagierte sich früh im internationalen Klimabündnis für den globalen Klimaschutz und wurde später als E5-Gemeinde zertifiziert (das Pendant zur Energiestadt in der Schweiz). Aber der Klimaschutz wird nicht als rein technisches Problem gesehen, sondern nicht zuletzt auch mit Fragen des Lebensstils in Verbindung gebracht. So stellt die Gemeinde für Wohnbauten Grundstücke im Baurecht zur Verfügung, für die Bauherrschaften ihre Konzepte einreichen können. Diese werden nach einem Katalog von Nachhaltigkeitskriterien beurteilt, die besten Projekte erhalten den Zuschlag. Basis bildet das von der CIPRA-Jugend entwickelte Konzept “Ein guter Tag hat hundert Punkte” (https://www.eingutertag.org/de). Ein spannendes Pilotprojekt war kürzlich die Initiative “Paris am Kumma”. In diesem Experiment versuchten zwölf Haushalte aus Mäder und Umgebung, ihr Leben vier Wochen nach den Pariser Klimazielen zu gestalten. Wichtige Bereiche waren Ernährung, Konsum, Wohnen und Mobilität. Es gelang, die durchschnittlichen CO2-Emissionen immerhin um rund einen Viertel zu senken. (https://amkumma.at/paris).
Als Gemeinde hat Mäder das von der Klimabewegung geforderte Ziel “Netto Null 2030” bereits seit längerem erreicht (mit ein paar kleinen Ausnahmen). Deshalb wollte man sich vor zwei Jahren – als das Land Vorarlberg den Klimanotstand ausrief – nicht daran beteiligen. Vielmehr wolle man weiterhin alles dafür tun, um den Klimanotstand zu vermeiden, wie Bürgermeister Siegele Klimaspuren gegenüber betonte. Es wird spannend sein zu beobachten, wie es in Mäder weitergeht, zum Beispiel im Bereich der Gemeinwohlökonomie, welche die Gemeinde nun angehen möchte.
Link zur Website der Gemeinde: https://maeder.at/die-klimaspuren-wandergruppe-gastierte-in-maeder