Krachende Buchen, dürstende Fichten – im Wald legen die Folgen der Klimakrise Spuren. Unterwegs von Olten durch den Jurawald nach Rumpel auf der Suche nach dem Stilzchen.
«Wenn ihr schon durch meinen Kreis wandert, so werde ich Euch begleiten und vom Wald berichten». Veronika Röthlisberger ist Kreisförsterin im Kanton Solothurn. Und so zottelt Klimaspuren hinter ihr durch einen regenassen Wald von Olten aus den Jurahang aufwärts. Und da der Mensch sieht, was er weiss, sehen die Klimaspurer viel, denn die Försterin weiss eindrücklich viel von der Waldgeschichte über die Botanik bis zur Pflanzensoziologie. Ein Wald ist schwierig zu lesen. Der Unkundige entsetzt sich schnell über einen Holzschlag als vermeintliche ökologische Untat. Er weiss nicht, wie es um eine Esche steht, die verdorrend über dem Weg hängt. «Klimawandel» ist eine probate Diagnose, aber sie stimmt nicht – ein Pilz aus Polen dezimiert die Bestände.
Der Buche aber geht es schlecht – die Hitze weniger als die Trockenheit setzen ihr zu. Die Klimaspurinnen staunen wie dürre Buchen in den Himmel ragen. Die Förster reagieren, angeregt von Subventionen aus Bund und Kanton, mit dem Aufbau neuer Pflanzengesellschaften auf den Einbruch der alten. Die Eichen kommen wieder, ein Nussbaum wächst aus dem Gehölz, wann wird die Zeder heimisch, wann die Pinie? Der Wald ist ein Grosslabor – nebst der Forstwissenschaft ist die Gesellschaft ebenso einflussreich. Seit hunderten Jahren sind Wälder in Mitteleuropa von den Menschen geformt. Stoisch sagt die Försterin: «Holz ist unglaublich robust und zäh. Es wird nicht verschwinden. Unter Druck aber geraten die Erwartungen der Menschen an den Wald.» Sie werden ein Opfer der Klimakrise werden. Die Veränderung gerade in den Buchbeständen des Mittellandes sei sichtbar, auch wenn die Walddynamik einen eigenen Rhythmus lebe: «Der Wald ist langsam. Er eignet sich nicht für Schlagzeilen». Und noch etwas gibt sie Klimaspuren nach drei Stunden kreuz und quer über Pfade durch den Wald mit: «Glaubt nicht, dass wir mit Bäumepflanzen das Klima retten können.» Und aus ihrer Arbeit berichtet sie denn auch das Gegengleich: «98 Prozent der Menschen wollen, dass der Wald geschützt wird. Kommt er einem Bauprojekt in die Quere, haben etlichen Menschen die Waldliebe vergessen.» Klimaspurer sind in Rumpel angekommen. Einer von ihnen macht sich auf die Suche nach dem Stilzchen. Wir haben ihn nie mehr gesehen. Von Ferne aber hörte man am Abend einen melancholischen Gesang durch den Buchenwald klingen.