Was nun? Was tun? Acht Antworten von Klimaspuren - Traces du Climat

In der Halbzeit ihrer Expedition von Ilanz nach Genf haben Klimaspurinnen und Klimawanderer einander gefragt: «Und nun? Was tun?» Gegründet auf Begegnungen und Erkenntnisse am Wegrand geben sie sich und der Welt acht Vorschläge.

1. Es geht weiter

Die nächste Etappe heisst Gletscherinitiative. Sie will, dass bis 2050 Erdöl- und Erdgas als wichtigste Klimatreiber ersetzt sind – verboten. Dies muss ab sofort Ziel allen Handelns in Politik, Wissenschaft und Gesellschaft sein.

2. Druck aufbauen

Die Klimakrise ist keine Wanderung, sondern ein Schnellzug. Für Tempo sorgt weiterhin Klimastreik. Ob bei den Direktoren der Weissen Arena in Laax oder im philosophischen Salon, ob beim Unternehmer Johannes Senn in St. Gallen oder auf Gemeindebesuch in Wil oder bei Stadtrat Richard Wolff in Zürich – alle sagen: «Klimajugend, Klimastreik, Fridays for Future haben uns bewegt.» Der Druck dieser Bewegung auf Netto Null subito wird stärker – gut so, nötig so.

3. Gerechtigkeit zum Ersten…

Das unversehrte Leben ist ein Grundrecht, wer die Klimakrise anheizt, ist zu hindern, das weiterhin zu tun. Vor dem Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg wartet die Klage der KlimaSeniorinnen auf das Urteil ihrer Klage gegen die Schweiz. In Holland ist der fossile Konzern Shell für seine Geschäfte verurteilt worden. Es ist nötig, die Klimabeschädiger auf allen Ebenen zur Rechenschaft zu ziehen, um sie zu zwingen, ihr Handeln zu verändern.

4. … Gerechtigkeit zum Zweiten

Die Klimapolitik muss die Menschen besser mitnehmen. Nicht nur mit Zahlen, sondern auch mit anschaulichen Plänen hin zu Netto Null. Nicht nur mit Kompensationsmathematik, sondern auch mit Musik, Theater und Kunst. Wir brauchen Bilder, nicht nur Modelle. Und es braucht Gerechtigkeit: Die, die für die Klimakrise hauptverantwortlich sind, sollen den Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft bezahlen. Klimaspuren hat im Kloster Fischingen den Benediktinern zugehört – ihre Regeln sind alt und aktuell: Das Masshalten, der achtsame Umgang mit der Schöpfung und die gerechte Verteilung der Güter, denn ohne sie ist Klimaschutz nicht zu haben.

5. Finanzplatz verändern

Mass, Achtsamkeit, Sorge – klimavernünftiges Handeln eines jeden, der Gesellschaft und des Staates sind gut. Nötig aber ist auch die handfeste Reform der grossen Hebel. Sie sind in den Pensionskassen, in den Versicherungen und in den Banken. Sie finanzieren von der Schweiz aus die Ausbeutung und Verarbeitung von Kohle, Erdöl und Erdgas substanziell mit. Es ist nötig, mit griffigen Gesetzen den Finanzplatz auf Netto Null zu verpflichten: Keine Investition, keine Beteiligungen mehr an Kohle-, Erdöl- und Erdgasgeschäften.

6. Verkehr und Landwirtschaft bändigen

Klimaspuren übernachtet unterwegs zwischen Ilanz und Genf in kleinen Hotels. Und lernt in der Nacht – wie sind doch die kleinen Städte vom Autoverkehr geplagt. Und sieht, spürt, hört und riecht am Tag unterwegs in den Agglomerationen, wie massiv der Auto- und der Lastwagenverkehr sind. Ohne seine substanzielle Reduktion wird kein Klimaschutz zu machen sein. Und Klimaspuren wanderte durch ein Meer von 2x-Nein-Flaggen, als ob die Landwirtschaft in der Schweiz kein Problem mit Klima und Umwelt hätte. Hier muss sich trotz der massiven Propaganda der Agrar-Lobby etwas ändern.

7. Wissenschaft fördern

Klimaspuren lernte an der OST Ostschweizer Fachhochschule in Rapperswil, wie die Wissenschaft Antworten zur Klimakrise sucht. Sie will mit Forschung und Entwicklung in Architektur, Landschaft und Planung die erwarteten Folgen mindern: Städte brauchen Schatten, Durchzug, Wasser, Biodiversität und Freiraum. Und die Ingenieurinnen erfinden Speicher von Sonnenenergie oder Beton, der weniger CO2 verursacht. Das sind Beispiele aus einer reichen Forschungslandschaft. Sie muss genügend Spielraum, Freiraum und Geld haben.

8. Dörfer stärken

Die Klimabewegung ist stark in der Stadt und im grünbürgerlich akademischen Milieu. Die Klimabewegung Malans zeigt, was Phantasie und Präsenz im ländlichen Raum bewirken können. Das Dorf hat das CO2-Gesetz mit satter Mehrheit angenommen. Die Phantasie und Freude, mit der die Klimagruppen dieser Orte Klimaspuren empfangen haben, sorgte wohl auch für die Zustimmung zum Klimaschutz. Also – viele kleine Bewegungen stärken die grosse. Klimaschutz braucht Gesichter, nicht nur Modelle; Menschen, nicht nur Zahlen.

Zoe Stadler, Lucie Wiget, Sylvain Badan, Köbi Gantenbein und Dominik Siegrist. 
Die Kerngruppe von Klimaspuren, Aarau am 21. Juni 2021